„Ich war spazieren auf ’nem Regenbogen“ – Warum nicht?
Carolin Löbbert: Ich war spazieren auf ’nem Regenbogen. Wahr oder gelogen? mairisch Verlag, Hamburg 2020. 80 Seiten, 18 Euro.
     

Carolin Löbbert: „Ich war spazieren auf ’nem Regenbogen“ – Warum nicht?

vonJudith v. Sternburg (Frankfurter Rundschau)

Carolin Löbbert denkt sich im Bilderbuch „Ich war spazieren auf ’nem Regenbogen“ lauter kleine Unmöglichkeiten aus.

Wenn das Unvorstellbare, jedenfalls bisher nicht Vorgestellte solche Präsenz im Leben bekommt, lässt sich Entspannung bei der Lektüre des Bilderbuchs „Ich war spazieren auf ’nem Regenbogen“ finden. Warum sollte die Dame mit dem Hündchen nicht über einen Regenbogen spazieren, auch wenn es in echt nur eine Brücke war? Wer sagt, dass die Sportliche dort ein dafür hergestelltes Gerät hebt und nicht ein Nilpferd? Dass der Schneemann nicht im Schnee, sondern in tropischer Umgebung vor sich hin schwitzt, ist leider ohnehin nicht so abwegig, wie es aussieht.

Denn das Bizarre, das Ausgeflippte und das Zwiespältige gehen Hand in Hand im Kinderbuchdebüt der Grafikerin Carolin Löbbert. Ein Spiel zum Umblättern: Erst sieht man in einer Scharade Mensch, Tier oder Zahnpastatube, die sich offenbar irgendwo befinden und vielleicht irgendetwas tun. Dann zeigt eine Doppelseite die naturalistische Umgebung sowie ein Spässchen oder eine Unmöglichkeit oder eben die Lüge aus dem Untertitel des Bandes: „Wahr oder gelogen?“. Die Wippe trägt Kinder oder aber ein Vögelchen sowie einen Löwen (der Löwe ist auch noch oben, ich lach mich kaputt)+

Trotz glasklarer Farben und lächelnder Gesichter – dazu kurze, wagemutige Info-Verse, altmodisch hingestempelt – sind Löbberts Bilder nicht zu lieb, eher sogar grell und keck. Lügen und Fantastereien in der Offensive. Man hört sich schon mit den Kindern – die endlich auch mal gucken wollen – herumdiskutieren. Sie werden sich vermutlich ohne weiteres vorstellen können, dass die Rhönradakrobatinnen schwerelos durchs All fliegen.

Dazu lauter kleine Gemeinheiten: Schleckert die Eiskäuferin in der Lügen-Variante etwa gleich am Kaktus? Natürlich passiert nie etwas Schlimmes. Aber das große Warum-eigentlich-Nicht durchzieht den Band, der außerdem selbst bei schlaffen Erwachsenen den Wunsch aufkommen lassen kann, sich selbst eine kleine Lüge auszudenken. Nein, Anstand und Sitte kennt dieses ansehnliche Buch nicht. (Ab drei Jahre)